
Leonhardt Rohnbogner will seine Alm am Hirschberg für eine Wildfütterung zur Verfügung stellen. Laut Fachbehörde wäre der Standort ideal. Doch der Jagdvorsteher lehnt ab.
- Im Kreuther Westen fehlt nach Einschätzung der Fachstellen eine Wildfütterung.
- Mit Unterstützung des Tierschutzvereins Tegernseer Tal ist ein Standort gefunden.
- Der Kreuther Jagdvorsteher lehnt mit Verweis auf den Schutz des Waldes ab.
Kreuth – Auf der Alm von Leonhardt Rohnbogner in Scharling grasen derzeit Kühe, zudem liegt Futter im Stadel. Fünf Hektar sanft gewellte Wiese und Wald gehören dem Kreuther. Als vor über einem Jahr Johanna Ecker-Schotte, Vorsitzende des Tierschutzvereins Tegernseer Tal, bei ihm anfragte, ob auf seiner Alm eine Wildfütterung entstehen dürfte, zögerte er nicht lange und sagte zu.
Auch gegen eine Schaufütterung hätte der Kreuther nichts einzuwenden. „Ich finde, das Wild hat auch eine Daseinsberechtigung. Darum darf man bei mir füttern“, meint Rohnbogner. Freilich werde das Wild auch in seinen Wald ziehen. Aber das dürfe und solle auch so sein. „Wir müssen mit den Kindern in den Zoo fahren, damit sie Wild sehen. Das ist doch ein Armutszeugnis“, meint er. Wo jetzt die Kühe weiden, könnte im Winter Wild am Stadel Futter finden.
Tierschutzverein Tegernseer Tal hat lange nach Standort gesucht
Ecker-Schotte hatte lange nach einem solchen Unterstützer im Kreuther Westen gesucht. Denn dort gibt es – anders als östlich der Bundesstraße – seit einigen Jahren keinen Futterplatz mehr. Im Katastrophenwinter 2018/19 habe dies zu dramatischen Situationen geführt. „Fast täglich war dort Wild auf der Loipe zu beobachten“, berichtet sie. Vereinzelt hätten die Tiere versucht, über die Bundesstraße zur Winterfütterung von Herzogin Helene in Bayern zu gelangen. Aber auch ohne Schneekatastrophe sei eine Fütterung wichtig, betonte Ecker-Schotte. Die unablässigen Freizeitaktivitäten der Menschen im Wald und der enorme Jagddruck setzten das Wild unter Stress. „Es braucht Ruhe.“
Wo jetzt Kühe grasen, könnte im Winter das Wild Futter finden.
© Thomas Plettenberg
Im Auftrag des Freistaats erarbeitet die Hochwild-Hegemeinschaft derzeit mit Unterstützung der Unteren Jagdbehörde am Landratsamt ein Fütterungskonzept für den gesamten Landkreis. Bei Rohnbogners Alm gab’s viele Ortstermine. Das Ergebnis ist für Ecker-Schotte niederschmetternd: Während Hegegemeinschaft, Jagdberater und Fachbehörde eine Fütterung an dieser Stelle für geboten und den Standort für geeignet halten, lehnt der örtliche Jagdvorsteher Werner Winkler mit Verweis auf den Schutz des Waldes rundweg ab. Sein Wort ist entscheidend: Die Jagdgenossenschaft ist zuständig für die Fütterungen in ihrem Revier.
Hochwild-Hegegemeinschaft sieht Handlungsbedarf
„Ich bin nicht weisungsbefugt“, sagt Wolfgang Kuhn, Leiter der Hochwild-Hegegemeinschaft. Er könne nur anregen, dass die Untere Jagdbehörde am Landratsamt der Forderung nach einer Fütterung im Kreuther Westen Nachdruck verleihe. Der Bereich sei in puncto Wildfütterung „ein weißer Fleck auf der Landkarte“. Zudem befinde man sich in der glücklichen Lage, dass ein Grundbesitzer Fläche zur Verfügung stelle: „Das haben wir selten.“ Die Kombination von Fütterung und Abschuss sei nach seiner Einschätzung auch der beste Weg, um Schäden durch Verbiss zu minimieren. Dabei sei es wichtig, revierübergreifend alle Bereiche abzudecken. Leider gebe es Widerstand aus der Jagdgenossenschaft, bedauert Kuhn.
Einig ist er sich mit Tobias Hupfauer, Jagdberater des Landkreises. Betrachte man das Ganze, sei eine Fütterung im Westen Kreuths begrüßenswert, meint er. Dafür könne man ja eine der östlichen Fütterungen auflösen.
Jagdvorsteher spricht von „Wildzuchten“ für die Trophäenjagd
Kreuths Jagdvorsteher Werner Winkler schüttelt zu all dem den Kopf. Die vorhandenen Fütterungen seien in allen Himmelsrichtungen ausreichend, versichert er. Westlich gebe es die Wild-Fütterung am Bauern in der Au – also in Bad Wiessee. In Kreuth habe man die westlich gelegenen Fütterungen nicht ohne Grund vor ein paar Jahren aufgelöst. „Das waren Wildzuchten“, urteilt Winkler. Letztlich gehe es den Befürwortern unter der Jägerschaft doch nur um die Trophäenjagd. „Der Tierschutz wird da instrumentalisiert.“ In den alten, wildreichen Zeiten seien alle Jungpflanzen weggefressen worden, schildert Winkler: „Wo man eine Fütterung macht, opfert man Wald.“ Am Ringberg habe es deshalb eine Zeitlang „nur Bonsai-Bäume“ gegeben.
Nach Winklers Überzeugung würden Fütterungen westlich und östlich der Bundesstraße das Wild sogar dazu verleiten, öfter zu queren. Die Tiere seien neugierig und wollten nachsehen, ob es andernorts vielleicht Schmackhafteres gebe. Aus der Vernunft heraus, müsse die Jagdgenossenschaft mit Rücksicht auf den Schutzwald ablehnen, erklärt Winkler. „Da muss man auch mal Nein sagen können.“
Die Untere Jagdbehörde am Landratsamt beurteilt die Lage anders. Im Bereich Kreuth sei Nachbesserungsbedarf zu erkennen, der vorgeschlagene Standort durchaus geeignet, teilt die Behörde mit. Aktuell ist im Fütterungskonzept des Landkreises aber nur der Ist-Zustand festgehalten. Heißt: Auf Rohnbogners Alm wird es keine Fütterung geben.
Tierschutzverein ist enttäuscht: „Kein Lebensraum mehr für Rotwild“
Eine Nachricht, die Ecker- Schotte „todtraurig“ findet. „Man will dem Rotwild hier keinen Lebensraum mehr zugestehen“, sagt sie. Sie sei „extrem enttäuscht“, dass es trotz vieler Gespräche nicht gelungen sei, den wunderbaren Standort in Kreuth als Wildfütterung aufzubauen. Offensichtlich sei es einem Jagdvorsteher und einem Jäger möglich, sich gegen die Anordnung eines Fütterungskonzepts zu stellen.
Auch Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider, der Gespräche mit allen Beteiligten geführt hat, zeigt Bedauern. Die Gemeinde hätte eine Schaufütterung an dieser Stelle begrüßt, meint Bierschneider: „Dann hätte man das Wild endlich wieder zu Gesicht bekommen.“
September 03, 2020 at 12:00PM
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